carnevale di venezia 2023

m e i n   E r f a h r u n g s b e r i c h t   a u s   r e i n   e m o t i o n e l l - 
f o t o g r a f i s c h e r   S i c h t 

Anlässlich meines Besuchs des Carnevals in Venedig möchte ich hier meine Erfahrungen aus rein fotografischer Sicht mit euch teilen. Es wird also weder Reiseführer noch Travelbericht … :-)

Nun – was soll ich sagen – gemäss meinem Leitspruch define ·  plan · shoot · reflect habe ich diese Reise im Februar 23 auch angepackt, respektive vorbereitet. Ich wollte Masken fotografieren – das war der ausschlaggebende Punkt. Und das wollte ich schon seit Jahren; geschafft habe ich es nie. Es war also schon fast so etwas wie ein Traum von mir – ein langgehegter Traum. 2023 habe ich es Dank eines Bekannten endlich geschafft nach Venedig zu gehen.

Im Vorfeld liess sich das Wetter in den Medien ziemlich gut herausfinden, obwohl ich dann über die dicke und schwere des Nebels vor Ort überrascht war. Auch die Location war mit den heutigen Mitteln aus der Ferne ganz einfach über google maps und co. zu ergründen. Bezüglich der Fotoausrüstung liess sich einiges über die gewohnten Kanäle herausfinden, jedoch nicht alles. Kurz vor mir, waren wieder einige der einschlägig-bekannten YouTube-Fotografen in Venedig und haben dort ihre gewohnten Videos gedreht, mit dem Intro "an laufender Kamera geschäftig suchend vorbeigehen" und so. Ist immer das gleiche kopierte und mittlerweile recht langweilige Intro bei allen gell ... :-) Gerade Fotografen, die eigentlich seeehr kreativ sein müssten, kopieren einander und bleiben stur auf diesem youtube typischen Intro hocken. 

Jedenfalls war es so, dass ich mit den Infos über deren Ausrüstung, nicht viel anfangen liess und ich konnte recht wenig auf mich adaptieren.  Bessere Rechercheresultate ergab das Lesen einiger Erfahrungsberichte früherer Jahre im Internet. So kam ich zum Schluss, dass ich für mich und meine Bedürfnisse und auch aus meinen eigenen Erfahrungen die ich von anderen Trips adaptierte, die Z9 mit dem 24-70mm f2.8, das 50mm f1.2 und das 20mm f1.4 mitnehmen wollte. Zudem wollte ich noch versuchen, den einen oder andern Sonnenauf- und untergang fotografisch mitzunehmen. Somit kamen auch diverse Filter und das Stativ mit. Die restlichen Utensilien zähle ich hier gar nicht auf, sonst wird der kurze Bericht zum Buch und das wollte ich nicht :-)
Mitunter wurde der Rucksack ziemlich voll und schwer – so wie ich ihn kenne von meinen Landschaftstouren. Dazu kam eine leichte Umhängetasche für die Tagestouren, denn den Rucksack mit Stativ und allem andern, wollte ich ja nur früh morgens und abends für die Landschaftsaufnahmen dabei haben.

Wie sich dann aber in Venedig angekommen herausstellte, war an "Landschaftsfotografie" üüüberhaupt nicht zu denken. Erstens waren frühmorgens und spätabends schon sehr viele Masken unterwegs, die in den lichtschwachen Stunden und der dicken, nebelverhangenen Stimmung besonders zum Fotografieren einluden und andererseits war an den bekannten und auch unbekannten Spots kaum oder gar kein Platz für ein Stativ und Landschaftsfotografie. Man wollte den andern "Masken"-Fotografen ja nicht im Wege stehen oder das Bild, respektive den Hintergrund mit der eigenen Anwesenheit "schmücken" – obwohl es welche dieser Sorte gab …
Man blieb leider nicht verschont von Dränglern und jener Fotografenklientel, die die Masken herumscheuchten und dauernd an ihren Kleidern rumzuppeln mussten. Viele Fotografen erwarteten DAS perfekte Ergebnis und das war in Anbetracht der Situation so kaum realisierbar. Man ist ja auch nicht als einziger Fotograf da. Eine wirklich perfekte Umsetzung der eigenen Erwartungen und Vorstellungen ist einfach nicht möglich. Die Handyfanatiker der älteren Generation brauchten unbedingt Selfies mit den Masken, dann mit den Enkeln, dann noch mit Opa und Oma .. :-) Und so waren immer wieder Personen vor den Motiven, die dort aktiv die Aufnahmen störten.

Liebe Leute, ab und zu war es zum Verzweifeln :-)


Somit blieben Filter, Stativ, 20er und der unhandliche Rucksack fortan im Hotel. Dabei hatte ich vortan nur noch die Z9 mit dem 50er als "Immerdrauf" und zur Alternative das 24-70er. Da dieses aber mit der sonst tollen Lichtstärke von 2.8 hier definitiv nicht punkten konnte, blieb das 50er DAS Glas der Stunde. Mit der extrem tollen Freistellung, dem cremigen Bokeh, der knackigen Schärfe und der Lichtstärke von 1.2 konnte ich in wirklich allen Lagen, allen Lichtsituationen ob nebelverhangen oder nicht aus der Hand fotografieren. Manchmal mit der Zeitautomatik, manchmal mit der Blendenautomatik aber immer auf ISOauto, um schnell reagieren zu können. Mit dem höchst erreichten Wert von ISO 2200 hatte die Kamera, resp. der Sensor leichtes Spiel. Und zuhause wartete ja immer noch die Topaz Software um das Wenige, ja minimale Rauschen zu entfernen.


Zu meiner Verwunderung gab es "hunderte" von Fotografen, die den ganzen Tag den Blitz auf der Kamera montiert hatten und diesen auch noch benutzten! Vom normalen Aufsteckblitz bis zur mitgeschleppten Studiolampe samt Gestänge und Assistenten oder dem Studioblitz war wirklich alles dabei – richtige Ungetüme mit Diffusoren und Lichtformern. Leider, so meine Erkenntnis, waren aber nicht alle Fotografen darin bewandert, ihren Blitz richtig zu bedienen, was sich unweigerlich in "todgeblitzten" Motiven zeigte, wenn ich auf die Kameradisplays spionierte :-). Einer der youtube Starfotografen, der jährlich am Carnevale seine Fotokurse anbietet, streifte mit seinen Schülern auch lauthals erklärend und rufend durch die Stadt mit mitgeschleppter "2m" hoher LED Lampe. Manhörte diesen über den halben Marcusplatz. Ich habe nicht verstanden, weshalb man diese fantastischen Szenen so krass ausleuchten und immer lauthals palavern musste.

Masken, die viel zu hell erleuchtet wurden und ihre Farben verloren waren das Ergebnis. Die eigentlich so schöne Freistellung des Motivs durch die Blitzerei bleich hervorgehoben. Die dicke Nebelschicht am Morgen wirkte zusätzlich als überdimensionaler Diffusor und sorgte bei zusätzlicher Ausleuchtung für einen fragwürdig ausgebrannten Hintergrund. Ich denke, es war vielleicht einerseits dem Umstand zu verdanken, dass viele ihre Aufnahmen nicht nachbearbeiten und direkt aus der Kamera ein "brauchbares" .jpg erhofften (benötigen?) und/oder andererseits, dass 90% der Fotografen mit ihren 70-200ern unterwegs waren – bekanntlicherweise mit Lichtstärke 2.8 – und damit war in den Morgen- und Abendstunden aus der Hand und ohne Blitz schlichtweg kein Blumentopf zu gewinnen. Meiner Ansicht nach, war das 70-200er sowieso das falsche Glas an diesem Event. Nein, falsch ist es nicht, kann und darf man nicht sagen :-) – es war in meiner Betrachtung, die nicht gerade passende oder optimale Wahl und erforderte unweigerlich weiteres Zubehör (Blitz, Licht) für die dunklen Lichtverhältnisse und etwas Muckis und Bewegungseleganz, um dieses Glas den ganzen Tag unbeschadet und auf Augenhöhe herumführen zu können. Auch wenn das 70-200mm als hervorragendes Portraitglas eingesetzt werden kann und von vielen Fotografen dafür gerühmt wird. Der Mehrheit war der eher "klobige" Umstand anscheinend egal, denn diese schwangen das Objektiv herum – ohne Rücksicht auf materielle und finanzielle Verluste. Ausserdem hat das 70-200 nicht ganz dieses cremige Bokeh, erlangt aufgrund der fehlenden Distanz und der somit meist eingestellten "kurzen" Brennweite von 70mm bis vielleicht 105mm nicht den Look der Kompression, nicht diese Freistellung – denn man erreicht am Carnevale eigentlich nie eine Distanz bei der das 70-200 in der Portraitfotografie performt und seine Vorteile gegenüber einer Festbrennweite gewinnbringend ausspielen könnte. Die mittlere Distanz zu den Masken betrug in etwa 3 bis 5m. Mehr ging nicht von den Gegebenheiten der Umwelt oder den umhergehenden Menschenansammlungen. Oft wars noch enger, war aber nicht üblich, da man dann den andern vor der Linse stand – ausser auf den Brücken, dort wurde es closer. Eher weniger passierte es, dass man mal genügend Abstand "nehmen" konnte.

Aus meinen gemachten Erfahrungen erlaube ich mir euch den Tipp zu geben – nehmt für die reine Maskenfotografie ein lichtstarkes 35mm (z.B. 1.8, besser 1.4 oder viiiel besser 1.2), eventuell ein 50mm (1.8 oder eben auch besser) und ein ebenso lichtstarkes 85er mit – gerade wer auch in den abendlichen und morgendlichen Stunden dabei sein will, kann nicht auf Lichtstärke verzichten. Wer ausschliesslich auf "Maskenjagd" ist, "leicht und behände" durch den Tag gehen und sich keinen "Tennisarm" holen möchte, kein Stativ, keinen Blitz, keine Lampe oder gar einen Assistenten mitschleppen will, der ist mit den genannten Gläsern wirklich bedient. Das 35er für ein wenig mehr Raum und Umgebung auf dem Bild oder wenn's etwas eng wird (Abstand zum Motiv 2-3m), für einen amerikanischen Anschnitt eventuell, und das 50er (Abstand zum Motiv 3-7m) für alles andere. Mit dem 85er liegen extrem tolle Headshots drin, vor allem am morgen früh so um sechs, wenn noch wenige Fotografen auf der Gasse sind und die Masken belagern und man auch etwas Abstand zum Motiv bekommt. Man darf auch nicht vergessen – mit den heutigen Kameras mit 24MP, 47MP oder gar 61MP und den genannten Festbrennweiten kann man ein Bild immer "zurechtcropen". Es hat genügend Bildmaterial/-daten, um das Bild zurechtzuschneiden.


Was mich gestört hat, dass ich in vielen respektive einigen Berichten im Netz gelesen habe, dass es ELEMENTAR sei, zu blitzen, da man sonst die Augen der Masken nicht sehen könne und man in der Dunkelheit nicht zurechtkomme. Dann muss ich sagen, stimmt etwas mit der Fokussierung nicht – also der Fokus sitzt schlichtweg nicht – , oder das Glas ist ähmm ja ... no comment (Altglas?) ... die Bilder werden nicht entwickelt und direkt aus der Kamera als .jpg genutzt oder die Personen hinter der Kamera machen irgendetwas, was sich mir partout nicht erschliesst. Dafür waren dann bei den Blitzern die Kostüme völlig überblitzt und die Gesichter bleich wie Käse – das ganze Bild fahl, verblichen und irgendwie kränklich aussehend – aber man sah dann die (roten) Augen. Das Motiv taghell und der Rest im Dunkeln. Mit der ELEMENTAR-Aussage werden Foto Anfänger schlichtweg falsch beraten. Es ist nicht elementar!

Ich nutzte keinen Blitz und die Augen der von mir abgelichteten Masken waren IMMER sichtbar, ausser ich wollte diese gezielt nicht hervorheben. Auf einer meiner Aufnahmen sieht man die Person hinter der Maske sogar weinen.

Die Bilder direkt aus der Cam zu nutzen, wäre allerdings extrem schade. Die tollen Masken, die farbigen Kostüme und die Hintergründe laden geradezu ein, die Bilder zu entwickeln, um das Maximum herauszuholen.

Ich werde 2024, wenn Gott und die Gesundheit will, definitv wieder dabei sein und auch meine Aufenthaltsdauer in Venedig verlängern. Dann mit den genannten Gläsern und keinem Landschaftsequipment und somit übersichtlicherem und leichterem Fotogepäck. Wiederum nehme ich keinen Blitz mit. Das Stativ und die Zusatzausrüstung für Landschaftsaufnahmen, bleibt definitiv zuhause. Zusätzliche Speicherkarten sind gekauft und vielleicht kommt die Z7² noch mit als Backup Cam. Man weiss ja nie ... Eine etwas grössere Tasche werde ich dafür mitnehmen müssen. Ich freue mich extrem auf den Event, vor allem, jetzt wo ich einige der "Masken" kenne und ein, zwei, oder gar drei private shootings anleiern konnte. Es war ein fantastisch-tiefes Erlebnis – emotionell, fotografisch und auch von der Location her. Venedig sehen und sterben!

Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick aus fotografischer Sicht zu diesem Erlebnis vermitteln. 

P.S. Ich habe etwas über 2'000 Aufnahmen mit nach Hause genommen :-)

Brennweitenvergleich

Für den Carnevale 2024 nehme ich, wie oben im Text beschrieben, das 35mm f1.4, das 50mm f1.2, das 85mm f1.2 und das 135mm f1.2 mit. Ich muss vorab aber noch etwas rumprobieren.

Das 35er für etwas mehr Umgebung, das 50er für den Bust-Shot, das 85er für Bust-shots, Headshots, american shots und das 135er für close-ups & Headshots.  Kann man nicht jedes Objektiv als Portraitobjektiv nutzen? Nun, es gibt hier kein richtig oder falsch – natürlich kann man auch ein Weitwinkel als Portrait Objektiv nutzen – allerdings ist dieser Look dann eher vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig oder gerade eben gewünscht!